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Du willst mich nicht verstehen, oder?

Wenn von Verständigung oder Kommunikation gesprochen wird, denken die meisten an Worte, an Sprache, vielleicht auch sms oder e-mails, doch nur die Wenigsten assoziieren damit Spiegelungseffekte, Gefühlsübertragungen, Beziehungsfähigkeit oder sogar den Einfluss auf die persönliche Entwicklung unseres Gehirns.

 

 


Die Kommunikation von Menschen ist im Vergleich zur Kommunikation von Affen zwar um die Sprache erweitert, doch hat sie auch alle Eigenschaften der nonverbalen Form unserer Vorfahren. Selbst später hat der Sprachanteil im Verhältnis zum Gesamtanteil der Kommunikation nur einen relativ geringen Anteil (max. 10%). Der Vorteil von Sprache ist, dass komplexe Informationen schnell gesendet werden können.

 

In der Evolutionsbiologie zeigte sich, dass Informationen vorrangig in den emotionalen Zentren (limbisches System) verarbeitet werden. Dabei zeigte sich ein  – noch relativ unbekannter – Aspekt: „Nicht der Sender (also der Sprechende) ist ausschlaggebend, sondern die zentrale Rolle spielt dabei die Wahrnehmung des Empfängers.

 


nicht wichtig, was du sagst, sondern....

Grund für viele Missverständnisse ist unser aktuelles Verständnis von Kommunikation, welches zum einen davon ausgeht, dass die Hauptrolle „der Sender“ spielt, was aus heutiger Sicht nur mehr bedingt zutreffend und zielführend ist, vor allem wenn es um Glaubwürdigkeit, Vertrauen oder Sympathie geht. Zum anderen ist es das „relativ geringe“ kommunikative Bewusstsein, welches wir in einem Alter zwischen 12 und 14. Jahren - geprägt durch unser Umfeld - ausbilden und was genügt, um durch die Grundschule, das Abitur oder das Studium zu kommen.

 

Doch die komplexeren Aspekte von Kommunikation, sowie der sozialen Wirkung werden von Hirnarealen gesteuert, die erst mit Ende zwanzig oder Anfang dreißig voll in Betrieb gehen. Kommunikationsschulungen sind nicht umsonst ein derartig lukratives Geschäftsfeld, wobei  es interessanterweise jedoch fast ausschließlich um die Optimierung der Senderfähigkeiten geht. Die Wahrnehmung „des Empfängers“ spielt zumeist eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt eine.

 


"90 Prozent der Probleme

  entstehen durch Interpretation"                                    (Marshall Rosenberg) 


Wie wichtig und zentral gerade dieser Aspekt ist, zeigen jüngste Gehirnscan-Studien. Unser Gehirn spiegelt umso stärker die Aktivität des Gehirns vom Gesprächspartner wider, je intensiver wir zuhören. Dadurch können wir andere Menschen wirklich verstehen und seine Anliegen, Ideen, Vorstellungen oder auch Bedenken „mitfühlen“. Wenn wir davon Gebrauch machen, passiert etwas Überraschendes: die beiden Gehirne – das eigene und das des Gegenübers – beginnen, sich aufeinander abzustimmen. Diese Wechselwirkung nennt man »neuronale Resonanz«, und in dieser Übereinstimmung können Menschen bemerkenswerte Dinge vollbringen.

 

 


„In allen Bereichen wird das menschliche Gehirn durch Beziehungserfahrungen mit anderen Menschen strukturiert und geformt . .  . und ist als solches für die Gestaltung von Beziehungen optimiert.  Es ist ein Sozialorgan". . .

"Hirnentwicklung lässt sich überhaupt nur als Prozess von Beziehung beschreiben“                                                                                                                                                                                  Gerald Hüther


Wertschätzung Offenheit und Authentizität senden ein spezifisches Signal an die Gehirne von Mitmenschen und vermitteln intuitiv die Absicht oder Gesinnung. Zusammenfassend lässt sich sagen: eine innere positive Haltung schafft ohne uns dessen bewusst zu werden, Sympathie oder Antipathie. Sympathie führt zu Kooperation und Kooperation wiederum zu bemerkenswerten Ergebnissen.   

 

„Was Menschen wirklich glücklich und gesund macht“ zeigt eine außerordentliche Harvard Studie „adult development“. Es ist die längste bekannte Studie, die jemals über das „menschliche Leben“ auf wissenschaftlicher Basis durchgeführt wurde. Über 75 Jahre lang, wurden die Leben von 724 Menschen aufgezeichnet. Jahr für Jahr, über ihre Arbeit, über ihr Familienleben, über ihre Gesundheit. Die eindeutigste Aussage die diese Studie hervorbrachte ist folgende: „Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder“.


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